SV Darmstadt 98 – eintr. frankfurt 1:0 (0:0)

Im letzten Jahr war das Hessenderby geprägt von umfangreichen öffentlichen Diskussionen rund um die Sicherheit und das DFB-Urteil, das Gästefans ausgeschlossen hatte. Da diesmal alle Beteiligten einen Kuschelkurs fuhren, das Derby bereits am 2. Spieltag stattfand und die frankfurter nach ihrem Pokalspiel in Magdeburg unter verschärfter Beobachtung des eigenen Vereins und der eigenen Fanszene standen, war die Stimmung deutlich entspannter als zuvor. Trotzdem war der Spieltag geprägt von einem Auf und Ab an verschiedenen Emotionen und da der Ausgang des Spiels ja bekannt sein dürfte, kann man am Ende sagen der 10.9.2016 dürfte ein weiteres historisches Datum in der Vereinschronik werden.

Tags zuvor hatten sich rund 50 Lilienfans aus der aktiven Fanszene am Stadion eingefunden und hatten nach dem Abschlusstraining den Spielern ein paar motivierende Worte mit auf den Weg gegeben. Um sicher zu gehen, dass jeder Neuzugang die Aussage versteht wurden diese auch auf Englisch und Ukrainisch wiederholt. Gut, wenn man eine internationale Fanszene hat. Die Aktion schien ihre Wirkung auch nicht verfehlt zu haben und dürfte in den meisten Bundesliga-Städten so eher nicht alltäglich sein. So wurde auch ein erstes Band zwischen der größtenteils neu zusammen gestellten Truppe und der Fanszene geknüpft, das im Abstiegskampf dringend benötigt werden wird.

Am Derbymorgen traf sich die aktiven Szene dann wie großflächig angekündigt am Lui und stimmte sich dort auf das Derby ein. Die Beteiligung war in den frühen Morgenstunden eher schwach, aber von Stunde zu Stunde kamen mehr Lilienfans in die Innenstadt und tranken gemeinsam das ein oder andere Bierchen (hier nochmal ein Dank an das Schänken-Team für den Bierwagen!). Die Atmosphäre war sehr entspannt, für ein Derby vielleicht sogar etwas zu entspannt, und der Puls stieg erst langsam beim Abmarsch an als die ersten Gesänge angestimmt wurden. Rund 1.200 Heiner liefen dann durch die Darmstädter Straßen und gaben lautstark jedem zu Verstehen wer in dieser Stadt regiert. Als kleines Highlight hatten wir uns noch was besonderes einfallen lassen und so lief der Mob ab dem Jungendstilbad mit einer riesigen blau-weißen Blockfahne über den Köpfen zum Stadion. Auch wenn die Temperaturen und dem Polyesterstoff teilweise ziemlich heftig waren und es auch den ein oder anderes Riss in der Fahne gab, so hat das Gesamtergebnis durchaus überzeugt.

Im Stadion wurde sich dann nochmal kurz mit Vorbereitungen der Choreo und weiteren Spieltagsaufgaben beschäftigt bis es dann endlich losgehen sollte. Als die Spieler auf das Feld kamen wurde eine eher simple Choreografie bestehend aus Pappen und einer 42x18m großes Blockfahne in der Tribünenmitte gezeigt. Auf dieser war das detailsreiche Wappen des Großherzogtums Hessens zu sehen, dessen Haupt- und Residenzstadt bekanntlich Darmstadt hieß. Links und Rechts davon wurde der Schriftzug „ANNO 1898“ abgebildet. Dies sollte auch eine kleine Geschichts-Nachhilfestunde für unsere Gäste sein, die ja meinen die Herrscher eines ominösen „Königreichs Hessen“ zu sein. Leider wurde (trotz tatkräftiger Unterstützung des Präsidiums) die Blockfahne nicht straff genug hochgezogen, sodass das Motiv nicht wirklich gut zu erkennen war. So wurden die großen Mühen für die Choreo schlussendlich leider nicht belohnt und wir müssen uns eingestehen, dass wir unter unseren Ansprüchen agiert haben. Aber solche Fehler sind ja bekanntlich nicht so schlimm, solange man draus lernt.

Die Stimmung am Bölle startete ausgesprochen gut. Der Block hatte heute Bock und schmetterte gerade in der Anfangsphase viele Lieder mit einer hohen Motivation durchs Stadion. Das war genau das Level, was wir bei einem Derby brauchen und auch bei anderen Heimspielen gerne häufiger hätten. Auf dem Rasen hingegen musste man in dieser Phase eher etwas zittern, da sich die Lilienelf wacker gegen die frankfurter Sturmläufe zur Wehr setzte. Mit etwas Glück und viel Esser konnte aber ein Gegentor verhindert werden. Das alles trat ganz plötzlich in den Hintergrund als ein Sanitäter-Einsatz im A-Block durchgesagt wurde. Ein langjähriger Lilienfan war kollabiert und wurde noch während des Spiels im Block reanimiert. Der Support wurde aus Respekt sofort gestoppt und erst wieder aufgenommen als sich die Situation etwas beruhigt und der Krankenwagen auf dem Weg war. Dies ist für uns – auch bei einem Derby – eine absolute Selbstverständlichkeit. Leider wurde im Nachhinein bekannt, dass diese Rettung leider zu spät kam und wir erneut um einen blau-weißen Anhänger trauern. Unser Mitgefühl gilt ganz besonders seiner Familie, allen Angehörigen und Freunden. Ruhe in Frieden Jürgen!

Danach zurück zur Tagesordnung über zu gehen, war extrem schwierig. Bis zur Halbzeit fand der Block nicht mehr zu seiner vorherigen Form zurück. Die frankfurter, die den Vorfall entweder nicht bemerkten oder nicht bemerken wollten, hatten in dieser Zeit die Stimmhoheit auch wenn ihr Auftritt deutlich hinter den Erwartungen zurück blieb. Ob das nun an der angezogenen Handbremse, dem lahmen Spiel oder der Hitze im Gästeblock lag, sollen andere beurteilen. Nach der Halbzeitpause flachte das Spiel zunehmend ab, da sich die Lilien weiterhin auf die Verteidigung konzentrierten und die eintracht kein Mittel fand um den Ball ins Tor zu befördern. Im Block wurde noch ein Spruchband in Richtung Frankfurter Vorsänger mit Darmstädter Wurzeln gezeigt und die Stimmung zog wieder etwas an. Irgendwann gingen dann auch noch zwei Fackeln an, die das „Wir schreien die Lilien nach vorne!“-Lied untermalen sollten. Wir verweisen an dieser Stelle einfach auf unsere Stellungnahme zum Umgang mit Pyrotechnik und enthalten uns sonst bei den polemischen Diskussionen, die im Nachgang geführt wurden.

Als das Spiel seinem Ende zuging, joggte auf einmal Sandro Sirigu vom Warmmachen in Richtung Trainerbank. Der Block quittierte dies mit einer kurzen Anfeuerung, hat Sandro doch in den letzten Jahren in allen Ligen für die Lilien aufopferungsvoll gekämpft und war immer wieder für eine Überraschung gut. Was ein paar Minuten später jedoch passieren sollte, konnte so niemand ahnen. Während das Stadion gerade nochmal versuchte die Mannschaft nach vorne zu peitschen, kam Sirigu an den Ball, ging bis zur Außengrenze des Strafraums und flankte dann auf den frei stehenden Gondorf. Allerdings verrutschte ihm die Flanke dermaßen, dass sie hinter dem herauseilenden frankfurter Schlussmann im Netz einschlug. Nach einem kurzen ungläubigem Moment der Überraschung explodierte das Bölle förmlich. Was für ein dreckiger, ekelhaft-geiler Siegtreffer. Das ist Fußball! Das ist Derby! Das ist Darmstadt! Die Stimmung war nun natürlich nochmal prächtig und es wurde ordentlich gefeiert während der Gästeblock ordentlich abkotzte. Die Mannschaft kam vor den Block und wurde lautstark bejubelt, ehe es nach und nach raus auf die Nieder-Romstädter-Str. ging um den Weg in die Stadt zurück anzutreten. Dort blieb es allerdings auch eher ruhig und man stieß mit einigen angereisten Gästen in unterschiedlichen Lokalitäten auf Sandro Sirigus Flankenkünste und den Sportverein an.

Bilder vom Derby findet ihr auf den Seiten der Usual Suspects und Ultrà de lis

9.10.16 – DERBYSIEGER SVD!