Die Auswärtsfahrt in den Breisgau wurde recht frühzeitig auserkoren um unser diesjähriges ‚the special one‘ zu werden. Die britischen Einflüsse in unserer Stadt, unseren Verein und auch unsere Fanszene kann man kaum von der Hand weisen, weshalb wir gerne mal wieder die Gelegenheit nutzen wollten, diese Umstände ein wenig bewusst zu feiern und zur „England-Mottofahrt“ aufzurufen. Freiburg bot sich schlicht und ergreifend aus mehreren Gründen an: Im Gästeblock in ist gefühlt nicht mal Nasebohren erlaubt, von üblichem Tifo-Material mal ganz zu schweigen, das Ziel war recht neu und sorgte für Motivation und noch dazu fiel es just in eine Phase, wo der Support mal wieder einen neuen Anreiz brauchen konnte.
Zum typisch britischen Auftritt gehörte es naturally auch, gut gekleidet am Treffpunkt aufzulaufen. Dieser wurde früh und abseits gewählt, um ganz dem Vorbild entsprechenden britischen Filmmaterials folgend, unerkannt bis in das Zentrum der gegnerischen Stadt zu gelangen. Der Plan war so diskret, dass sich selbst mitreisende Lads fragten, warum sie sich nun eine halbe Stunde in Denzlingen verstecken sollten. Die letzte Etappe legten wir schließlich mit der Straßenbahn zurück, die uns direkt in das Herz der schicken Altstadt brachte. Vorbei an den einzelnen Freiburgern, die gerade dabei waren, ihre aus dem Kopf gefallenen Augen wieder aufzusammeln, kehrten wir unbehelligt von Bobbys direkt am Münster ein. Und es geschah: Nichts. Obwohl die Wirte in weiser Voraussicht die Stühle der Außenanlagen, auf denen wir uns lümmelten, festgekettet hatten, tauchten weder die Staatsmacht, einheimische Freiburger oder anabolikagefütterte Russen auf, die uns dort hätten verjagen wollen. So genossen wir das schöne Wetter und gaben später den ein oder anderen Chant (Favorit des Tages: „We’ve got Sven Schipplock – he scores when he wants!“) zum Besten, bis sich 1,5 Stunden später endlich mal die Staatsmacht bemühte uns unter Beobachtung zu stellen. Seit dem grünen Ministerpräsidenten ist dieses Baden-Württemberg ja auch nicht mehr was es mal war, die Polizeistaaten werden wohl immer rarer.
Zusammen mit den hinzu gestoßenen Bernern und A-Blockern ging es nun zu Fuß entlang der Dreisam zum Stadion, wo wir den Gästeblock mit den mitgebrachten, einheitlichen blauen „England“-Fahnen schmückten. Fahnen in diesem Stil gibt es bei den Lilien auch schon seit Jahrzehnten, heute nutzten wir das geringe Platzangebot dazu, viele kleine Banner zu zeigen, das passende Bild zum Motto zu schaffen und den einzelnen Fanclubs damit ein vorweihnachtliches Geschenk zu machen. Einziger Wehrmutstropfen blieb die Sicht auf den Platz – aus den ersten Reihen des Blocks konnte man vom Spiel in etwa so viel sehen, wie vom Bodensee, während man gerade auf dem Langen Lui steht.
(There’s only one) Ramon Berndroth heizte den Block kurz vor Spielbeginn nochmals persönlich an, auf weitere Vorsänger verzichteten wir bewusst, es gab lediglich eine Megaphonansage, die lautete, das Megaphon nicht zu benutzen und heute den Block sich selbst zu überlassen. Spannender Feldversuch, mit Licht und Schatten im Ergebnis. Positiv: Die Motivation auf den Rängen war immens, die Leute hatten wieder Bock auf die Lilien (Siehe auch: Will Griggs & „Our fans are satisified – Meier is fired!“) und legten los wie die Firefighter. Dadurch wurde es oftmals gut laut, teilweise aber auch etwas unkoordiniert und Kanon-mäßig. Da hatten wir noch Glück, dass der Block in L-Form um die Ecke ging und so größtenteils Sichtkontakt bestand. Aber so gut es war, hier merkte man schon, dass eine Trommel diese Situation hätte verbessern können. Was völlig fehlte, und eigentlich britisch-unverzichtbar gewesen wäre, war die Spontanität, lustige Gesänge kurzfristig einzubringen. Das hatten immer wieder Grüppchen mit teils grandiosen Ideen versucht, wurden dann aber vom Einheitsbrei Marke „Wir sind Darmstädter!“ stets überfahren. Das klappt im heimischen A-Block besser, mag aber auch der Unerfahrenheit auf diesem Gebiet geschuldet sein. Auch in der letzten Viertelstunde bekamen die Boys in Blue weniger akustische Unterstützung, als ihnen gebührt hätte, am Ende war es ab er auch ein schlicht authentischer Support. Für die Zukunft sollte man daher einfach die positiven Aspekte beider Varianten mitnehmen, vielleicht mal wieder ein paar Pausen mehr zuzulassen, um Freiräume zu schaffen und weniger vorzugeben, aber dennoch unsere gewohnten Stilmittel nutzen, um den vorhandenen Support zu optimieren.
Freiräume nutzten leider auch die Freiburger, wenn auch einen sehr geringen, der am Ende zu einem zweifelhaften Elfmeter und dem Heimsieg führte. Zwar ließ uns dieses Ergebnis auf den letzten Platz durchrutschen, die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind machte allerdings Hoffnung auf bessere Resultate in der Zukunft, da war wieder Darmstadt 98 auf dem Platz.
Wir schafften es rechtzeitig zur train station und verließen den Breisgau bereits um 18 Uhr wieder, waren ja heute lang genug hier. Die Rückfahrt verlief äußerst entspannt und hielt dank kurioser Begegnungen mit anderen Fahrgästen noch so manch‘ Lacher für uns bereit. The special one war definitiv ein gelungener Samstag.
Bilder vom Spiel findet ihr zeitnah auf den Seiten der Usual Suspects & Ultrà de lis