SV Darmstadt 98 – VfL Wolfsburg 3:1 (1:0)

Das Spiel gegen die VW-Werkself wurde zur Premiere der neu errichteten Südtribüne in deren Mitte sich der Block1898 ab sofort wieder findet. Dementsprechend gemischt und angespannt war die Gefühlslage. Gemixt mit dem Druck heute etwas Zählbares am Bölle behalten zu müssen, ein komische Stimmung beim morgendlichen Treffpunkt. Es überwog am Ende aber deutlich die Motivation das beste aus dem Debüt im Süden zu machen und so ging es heute mal direkt mit Stadionöffnung auf die neue Heimat um alles vorzubereiten und die neuen Abläufe hinzukriegen. Es bot sich ein äußerst ungewohntes Bild und es kam auch ein wenig Wehmut auf am F-Block vorbei in die Südkurve zu gehen und dort nicht das weitläufige Rund zu bestaunen, sondern erstmal eine Wellblech-Plattform zu betreten. All dem zum Trotz war dann spätestens beim Betreten des Blocks und dem aufhängen der Banner die Stimmung recht gut und alles wuselte herum um sich den perfekten, neuen Platz zu suchen, die neue Heimat zu verschönern oder sonstige Vorbereitungen zu treffen. Im Vorfeld hatte man bereits auf diversen Kanälen ein paar Spielregeln festgelegt, die letztendlich bis auf wenige Ausnahmen auch gut angenommen wurden. Mit dem Umzug wurde heute zudem auch die neue, große Heimzaunfahne der Gruppe „Ultrà de lis“ eingeweiht. Es war also angerichtet und jeder war sichtlich heiß auszutesten wie laut das Bölle jetzt mit dem Ballungszentrum im Süden werden kann.

Als die Spieler dann den Platz zum Warmmachen betraten, gab es die erste Kostprobe und die Tribüne erhob da erste Mal gemeinsam ihre Stimme. Ein besonderer Moment auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle ihren Platz gefunden hatten. Zukünftig wäre es von Vorteil, wenn gerade alle Fans im Block1898 frühzeitig die mittleren Plätze einnehmen. Nach und nach waren dann aber alle eingetrudelt und das Spiel konnte beginnen. Auf eine große Choreografie oder Aktion wurde verzichtet um sich erstmal zu aklimatisieren und sich auf die Stimmung zu konzentrieren. Daher fiel das erste Intro etwas schmaler aus. Mit blau-weißen Fahnen, Schnipseln und Ballons wurde aber zumindest im Mittelteil ein ordentliches Bild geschaffen. Leider hatten sich nicht so viele am Aufruf beteiligt, sodass der chaotische Anblick nicht über die gesamte Süd reichte. Dafür war die Lautstärke aber direkt auf einem recht guten Niveau und auch die berühmte „Mitmachquote“ wurde im Vergleich zum alten Standort nochmal deutlich gesteigert. Doch es wurde auch schnell sichtbar, dass die neue Tribüne und auch die aktive Fanszene noch Zeit benötigen um hier das Maximum heraus zu holen. Viele langjährige Dauerkarten-Inhaber tun sich noch sichtlich schwer mit der Idee von 90minütigem Support, die Lautstärke-Steuerung der neuen Lautsprecher-Anlage muss deutlich besser werden und auch ansonsten gibt es noch viel Luft nach oben. Das dürfte den meisten aber von vornherein bewusst gewesen sein.

Auf dem Platz schien die neue Akustik allerdings gut anzukommen. Zwar taten sich die Lilien in den ersten 20 Minuten schwer gegen die Wolfsburger Millionen-Truppe, doch stimmte heute das Abwehrverhalten wieder zu 100% und auch einige bisherige Schwachstellen in der Mannschaft waren deutlich besser im Spiel. Den ersten Knackpunkt gab es dann in der 23. Minute als Kleinheisler nur mit einem Foul kurz vor der Strafraumgrenze gestoppt werden konnte. Die folgende rote Karte war nicht der einzige Grund zum Jubeln. Denn in aussichtsreicher Position trat Ben-Hatira an und schoss direkt vor der Südtribüne ein wunderschönes, direktes Freistoss-Tor. Einen besseren Einstand gibt’s eigentlich gar nicht. So wurde das Tor frenetisch gefeiert und auch der Stimmung tat der Treffer im Anschluss sehr gut und konnte bis zur Halbzeit auf einem recht guten Niveau  gehalten werden. Das Dach der neuen Tribüne hängt recht tief, was der Akustik und dem Schall einen guten Klang verleiht. Das haben die Planer ziemlich gut hinbekommen. Spätestens ab der Halbzeit dürften sich dann viele aus einem weiteren Grund über die Decke über dem Kopf gefreut haben. Ein heftiger Regenschauer überzog nun das Stadion und so wurden auf der Gegengerade die Schirme gespannt während der Großteil der Tribünen im trockenen blieben. Dazu zählte leider nicht die Lautsprecher-Anlage, die das Wasser nicht ganz so gut vertrug und erstmal streikte. So wurde mit 3 Megaphonen weiter die Stimmung koordiniert, was aber ganz gut funktionierte.

Die Wasserschlacht konnte nach der Halbzeit also beginnen. Die Lilien fighteten weiter, angetrieben durch mal lautere, mal leisere Gesänge. Insgesamt war es aber ein guter Mix aus älteren und neueren Liedern, Schlachtrufen und Gassenhauern. Zwischendurch der ein oder andere Klatschrhythmus und schon war die Tribüne wieder komplett dabei. Daran änderte auch der kurzzeitige Ausgleich durch Gomez nichts. Mannschaft und Fans spürten, dass hier heute in deutlicher Überzahl mehr ging als der eine Punkt. Vom Gästeblock kam durch die sehr wenigen Gäste eigentlich nie etwas an und spätestens als Kleinheisler mit seinem ersten Saisontor die Lilien wieder in Front brachte, war die Messe gelesen. Block1898 animierte nun die gesamte Südtribüne und diese den Rest des Stadions zum Abgehen und so dürfte eines der stimmungsreichsten Regen-Heimspiele gewesen sein, das unser altehrwürdiges Stadion erleben durfte. Als dann noch der eingewechselte Sandro Sirigu den Deckel drauf machte, gab es kein Halten mehr und diverse Feierlieder schwappten durch das Rund, während die Wolfsburger ihre Fahnen einpackten und den Support komplett einstellten.

Nach dem Spiel kam die Mannschaft dann vor die Tribüne und Derby-Held Sirigu durfte dann auch nochmal das Stahlrohr-Gerüst zum wackeln bringen. Ein Einstand nach Maß, allerdings auch mit vielen kleinen Stellschrauben an denen noch gedreht werden muss. Es ist nicht davon auszugehen, dass unsere Heimserie gegen jeden Gegner bestand hat und gerade bei Rückständen und Niederlagen wird die wahre Stärke der Tribüne gefordert sein, wenn das Team uns umso mehr braucht. Für das erste Mal aber eine absolut ordentliche Vorstellung und man darf gespannt sein, wie sich die Stimmung mit einem Pendant auf der Gegenseite entwickeln wird. Die Festung Böllenfalltor ist in jedem Fall wieder um einen Schutzwall reicher.

Ein Dank geht an die anwesenden Gäste aus Bern und Bremen für die Unterstützung.
Bilder von der Tribünen-Premiere findet ihr bei den Usual Suspects und Ultrà de lis