Die Derby-Niederlage abzuschütteln und sich auf die letzten beiden Spiele zu fokussieren war keine leichte Aufgabe für den gesamten Verein. Doch wie so oft in Darmstadt entstand nach kurzer Tristesse eine positive „Jetzt erst recht“-Stimmung. Die aktive Fanszene rief zu einer Mottofahrt in blau auf und hatte mit der Organisation des Lilienexpress in die Hauptstadt alle Hände voll zu tun. Schlussendlich mal wieder eine Riesenleistung aller Beteiligten und man muss an dieser Stelle wirklich den Hut vor allen Leuten ziehen, die mit organisisert, geschleppt, gezapft, gesichert oder verkauft haben. Chapeau! Dank euch im Namen all derjenigen, die sich dadurch eine schöne Tour in die Hauptstadt gönnen konnten.
Die Müdigkeit war noch nicht so ganz verflogen, da war man auch schon in Berlin-Spandau angekommen. Von dort ging es per S-Bahn die letzten Stationen in Richtung Olympiastadion. Die freie Zeit bis zum Einlass wurde dann in der prallen Sonne mit faulenzen, Bier trinken oder am Stadion entlang spazieren verbracht. Die Atmosphäre war deutlich entspannt. Man merkte einigen Heinern nicht an, dass es hier heute um sehr viel geht. Jeder war zu sehr damit beschäftigt diesen Tag, sollte es denn einer der letzten im Oberhaus sein, nochmal in vollen Zügen zu genießen. Das konnte einem auch nicht der total bescheuerte Ordnungsdienst verwehren, der mit kleinen Sticheleien und Verboten versuchte zu provozieren. Die entspannte, gute Laune fand im Gästebereich seinen Höhepunkt beim Anblick in den schattigen Block und das weite Rund des Olympiastadions. Jeder, der zuvor mit den Lilien im nasskalten Pfullendorf gewesen ist, weiß solch einen Anblick einfach sehr zu schätzen. So konnte der Mob sich ein wenig von der Zugfahrt erholen und Kraft tanken für die kommenden 90 Minuten.
Die Gästekurve füllte sich also nach und nach mit gut gelaunten Darmstädtern, die größtenteils dem Aufruf gefolgt waren und sich im schicken blau als Einheit präsentierten. Dazu hatten wir ein schlichtes Mottoshirt produziert, welches im Zug und vorm Gästeblock großen Anklang fand. Die Mannschaft hingegen spielte wie erwartet in „Glücks-Orange“. Auf der gegenüberliegenden Seite in der Ostkurve wurde eine Chaos-Choreografie vorbereitet und sich langsam eingesungen. Auch auf unserer Seite gab es nun den Startschuss für die ersten Gesänge und es deutete sich an, dass alle Befürchtungen bezüglich zu großer Masse und zu viel Bier unbegründet waren. Es war heute von Anfang an eine Power in den Gesängen, die wir uns die gesamte Spielzeit über gewünscht hätten. Aber wir wollen hier nicht meckern, sondern nochmal ein großes Lob aussprechen – es war der absolute Wahnsinn!
Den erlebten wir auch auf dem Rasen. Während die Hertha anfangs das Spiel noch dominierte und von einer gut aufgelegten Heimkurve angetrieben das frühe 1:0 erzielen konnte, sickerten die Zwischenstände aus Frankfurt und Stuttgart bei uns durch. Bevor sich jedoch Unruhe und Resignation breit machen konnten, nahm sich Gondorf ein Herz und krönte seine starken Leistungen der letzten Wochen mit dem Ausgleich. Jubel, Trubel, Heiterkeit nun im Gästeblock und ein neuerlicher Schub Lautstärke bei den Gesängen. Getragen von diesem Hochgefühl ging es in die viertelstündige Verschnaufpause.
Wer jetzt gedacht hat, dass es bei einer starken Halbzeit bleiben würde, der täuschte sich gewaltig. Die Lilien auf dem Rasen verteidigten tapfer und hatten zugegebenermaßen auch mal das nötige Glück auf ihrer Seite. Dazu lief der Gästeblock nun endgültig zur Hochform auf und lieferte 1A Klatscheinlagen und Gesänge an denen sich 98% der Anwesenden beteiligten. Es war stimmungsmäßig der perfekte Tag auf den die Fanszene die ganze Saison lang gehofft hatte. So und nicht anders muss es auch in der kommenden Spielzeit bei Heim- und Auswärtsspiel laufen! Der weitere Spielverlauf spielte dabei natürlich mächtig in die Karten. Sandro Wagner stocherte in der 83. Minute den historischen Treffer bei, der die Lilien den ersten Bundesliga-Klassenerhalt ihrer Geschichte bescherte. Der blaue Mob rastete nun komplett aus, sang sich in Rage und bekam kaum mit, dass Wagner seinen polarisierenden Rachefeldzug gegen seinen Ex-Arbeitgeber vor der Ostkurve vollführte. Uns war es ehrlich gesagt in diesem Moment scheiß egal und auch wenn es keine besonders glückliche Entscheidung von ihm war, so war so doch von Emotionen geleitet. Und Emotionen gehören nun mal zum Fussball dazu wie das Salz in der Suppe!
Die letzten Minuten auf der Stadionuhr wurde nochmal ordentlich gezittert und die Anspannung einfach beiseite gesungen. Als der Schlusspfiff ertönte lagen sich 5.000 Heiner in den Armen und feierten ihre Mannschaft, ihren Verein und diesen einzigartigen Moment. Als die Mannschaft dann vor die Kurve kam, kannte die Begeisterung keine Grenzen mehr und man sang noch einige Lieder zusammen bevor die Jungs sich für die weitere Party im Flieger fertig machten. Wir forderten zwar nochmal lautstark, dass die Jungs mit in den Zug steigen sollten, doch war das leider Wunschdenken. So blieb es an uns hängen eine fette Abrissparty zu feiern über die wir an dieser Stelle mal den Mantel des Schweigens legen. Auch hier nochmal DANKE an alle, die sich für den Rest aufgeopfert und dafür gesorgt haben, dass am Ende alle heil in Darmstadt angekommen sind. Dort zog es dann jeden, der noch laufen konnte zur Party am Stadion oder in eine der Innenstadt-Kneipen. Ein vollkommener Tag ging zu damit zu Ende und es bleiben davon so viele einzelne Momente hängen, die ein Smartphone niemals erfassen kann. DANKE an das Team, die Trainer und alle, die dabei gewesen sind!
WIR BLEIBEN DRIN!