Am vergangenen Wochenende fand mal wieder so eine Begegnung statt, auf die man schon vor Saisonbeginn mit einem lachenden und einem weinenden Auge blickt. Lässt man mal außer Acht, dass sich sämtliche Bundesligisten in Puncto Stadion, Rahmenprogramm und Publikum nur marginal voneinander unterscheiden, so steht das Konstrukt VfL Wolfsburg doch für genau die Art von Fußballclub, die quasi der natürliche Feind des traditionsbehafteten Fußballfans darstellt. Und, wenn ein Bundesligist in dieser Saison als Synonym für Tradition herangezogen werden kann, dann ja wohl unser blau-weißer Sportverein aus Südhessen. Auf der anderen Seite steht dagegen bei solchen „Non-Highlight-Spielen“ irgendwie auch immer eine gewisse Vorfreude. Vorfreude auf zwar deutlich weniger mitreisende, dafür aber umso motiviertere Gästefans. Bedingungslose Unterstützung der Jungs auf dem Rasen anstatt Perücken und Dauer-Schalala.
Die aktiven Gruppen aus Block 1898 machten sich am Spieltag per Bus und 9er auf den Weg nach Niedersachsen. Schließlich galt es auch den Einheimischen noch Mal genauer den Unterschied zwischen Junggesellenabschied und Fußball zu erläutern. Im Gästeblock positionierte man sich dann mittig über dem Mundloch, was aufgrund der baulichen Gegebenheiten vor Ort wohl immer noch die bestmögliche Position sein dürfte um möglichst viele Leute mitzureißen. Wie oben bereits erwähnt waren die mitgereisten Lilienfans aber heute ohnehin motivierter als sonst, und das Spiel tat sein übriges dazu, dass man sich mehr als ordentlich Gehör verschaffte. Unsere Boys in Blue spielten mal wieder eine überzeugende erste Halbzeit und dementsprechend war die erfolgsverwöhnte VW-Belegschaft not amused. Schließlich empfängt man hier demnächst Real Madrid (ob´s dann mal ausverkauft ist oder wie immer „zwei Schichten betroffen“ sind?) also kann man ja wohl mal gegen Darmstadt zur Pause mit diversen Toren führen.
Doch auch nach dem Seitenwechsel änderte sich erst mal wenig. Zwar drängten die Hausherren jetzt mehr nach vorne, doch die gewohnt defensivstarken Lilien hielten hinten dicht was dicht zu halten war. Und mit jeder Minute, die länger hinten die Null stand, wurde der Gästeanhang lauter und lauter. So wurde auch in der zweiten Hälfte ein weiterer Vorsänger eingesetzt um auch den Teil des Gästeanhangs zu erreichen, der in der ersten Halbzeit aufgrund der Vorsängerposition auf dem Zaun etwas außen vor blieb. Durch den Ausfall der etatmäßigen Capos kam es zwar zugegebenermaßen auch zu dem einen oder anderen Kommunikationsproblem, aber bereits bei der ersten Ansage zu Beginn der zweiten Halbzeit merkte man den Leuten an, dass der Mob heute so richtig Bock hatte und nur jemanden benötigt hat, der die Leute einfängt und mitreißt.
Der Gästeblock feiert nun so richtig ab und singt teilweise wie im Rausch. Gemeinsam mit der Mannschaft kämpft man hier bis zum Schluss für diesen einen Punkt. Und auf dem Platz wehrt die Lilienelf Angriff um Angriff ab. Mal spielerisch, mal lang und weit und auch mal über Jan Rosenthal, der den Ball auf die Außen zu Marcel Heller spielt. Und der macht was er am besten kann – er läuft und läuft und läuft. Und, wenn nicht irgendein Autohersteller hinter der Torauslinie eine Tribüne gebaut hätte, würde er vermutlich noch heute laufen. Stattdessen spielt er den Ball quer. Nicht einfach so, nicht einfach weg damit, sondern perfekt in die Schnittstelle zwischen Torwart und Abwehr. Genau dorthin wo Sandro Wagner auch gleich auftaucht, zeitgleich mit dem Ball, und diesen einfach nur einschiebt. Grenzenloser Jubel im Gästeblock. Die Einblendungen, der anderen Ergebnisse geraten in Vergessenheit. Alles Scheißegal! Wir führen! Da können die anderen machen was sie wollen. Der Gästeblock dreht nun völlig auf und holt nochmal alles aus sich raus. Mit Nachspielzeit vielleicht noch zehn Minuten bis die nächsten drei Punkte auf das Konto der Lilien wandern.
Doch man hat die Rechnung ohne Andre Schürrle gemacht. Ohne die Tatsache, dass Fußballspiele schon lange nicht mehr nach 90 Minuten beendet sind. Und das nun blöderweise zum wiederholten Male. Der totale Abfuck! Die Ansprache von Dirk Schuster nach dem Spiel fiel dementsprechend natürlich etwas länger aus als gewöhnlich. Aber dadurch auch lange genug um den Schock im Gästeblock zu verdauen und die Mannschaft so in die Länderspielpause zu verabschieden wie sie es sich nach diesem Spiel verdient hat.
Der Kapitän war es dann der wenige Minuten später auch in der Mixed Zone mit positivem Beispiel voran ging: „Es spricht letztlich für uns, dass wir uns nach einem Punktgewinn in Wolfsburg ärgern. Warum zurückblicken, irgendwas hinterhertrauern, was eh nicht mehr zu ändern ist? Warum nicht lieber das Positive in den Saisonendspurt mitnehmen? Denn: Davon gibt es definitiv so einiges!“ Und genau hier gilt es auch für uns anzusetzen. Wir haben bei einem Champions League Viertelfinalisten einen Punkt geholt! Jetzt gilt es in der Länderspielpause neue Kräfte zu tanken und dann folgen direkt einige Spiele gegen Gegner auf Augenhöhe in denen es die restlichen nötigen Punkte zu holen gilt!
ALLE GEMEINSAM FÜR DEN KLASSENERHALT!!!
Bilder sind online bei den Usual Suspects