SV Darmstadt 98 – FC Augsburg 2:2 (2:0)

Zu Beginn der vergangenen Woche bereitete einem das Duell gegen Augsburg noch ein gewisses Fußball-Kribbeln. Die Chance, einen Big-Point im Abstiegskampf zu landen und am Bölle endlich mal wieder einen Liliensieg zu bejubeln, war greifbar und jeder Heiner wollte sie nutzen. Und dann kam der Mittwoch und die Nachricht, dass Johnnys Kampf gegen den Krebs nun vorbei ist. Der gesamte Sportverein und mit ihm viele, viele weitere Fußballfans trauerten um einen der Ihren, der mit seiner posiitiven Ausstrahlung, seiner Lebensfreude und seinem Kampfgeist ein Vorbild für uns alle war. Dabei hat er nicht nur den Menschen, die ebenfalls gegen Krebs kämpfen, sondern auch allen, die sich mit weitaus kleineren Problemen konfrontiert sehen, geholfen nie aufzugeben und das Leben zu genießen und voll auszunutzen. So mischte sich in die Trauer auch sehr schnell die kollektive Erkenntnis, sich dieser Werte bewusst zu werden und Johnny bei diesem Spiel würdig zu gedenken. Sowohl der Verein als auch die aktive Fanszene handelte dabei sehr schnell, überlegt und in enger Absprache mit den Angehörigen, denen wir hiermit noch mal unser tiefes Mitgefühl aussprechen möchten.

Am Spieltag ließ Johnny dann die Sonne für uns ins Bölle scheinen .Als die Spieler auf den Platz kamen war bereits spürbar, dass hier vor dem Fußball gerade etwas viel Bedeutenderes im Vordergrund steht. Beim Verlesen der Mannschafts-Aufstellung riefen viele Zuschauer „Heimes“ anstatt den Spieler-Namen. Die Spieler versammelten sich am Mittelkreis und der Stadionsprecher fand die passenden Worte „Johnny, wir sind dankbar, ein Teil deiner Geschichte zu sein. Du wirst für immer ein Teil unserer Geschichte bleiben.“ Im Block1898 war ein 4m großes Portrait von Johnny und seinem Namen auf Doppelhaltern zu sehen, was in der Schweigeminute mit schwarzen Pappen ergännzt wurde. Vor dem Block versuchten wir das Gefühl der letzten Tage in einem Spruchband zu transportieren: „Du fehlst, doch deine Werte bleiben – WIR KÄMPFEN WEITER!“ Zum Anpfiff wurde das Schwarz der Pappen in blau-weiße Schals getauscht und gemeinsam mit „You’ll never walk alone“ Abschied von einem ganz Großen genommen. Auch im restlichen Rund gab es viele weitere, persönliche Abschiedsgrüße. Ein großer Dank gilt auch den Augsburger Fans für ihr Spruchband und den Respekt während der Schweigeminute und Spielern, die wie unsere mit Trauerflor spielten und für die riesiege Anteilnahme von vielen anderen Fans. Johnny bleibt unvergessen!

Nach diesem emotionalen Beginn war es zunächst schwer für alle ins Spiel zu finden. Auf dem Platz gelang dies den Blau-Weißen doch relativ schnell und sie waren die spielbestimmende Mannschaft. Der Kampf und der Einsatzwille stimmte wie immer zu 100% und auch die wenigen Chancen wurden diesmal konsequent genutzt. Zunächst staubte Vrancic nach einem guten Schuss von Jungwirth ab, dann traf Sandro Wagner wuchtig mit dem Kopf nach einer Ecke von Kempe. Beide Treffer lösten erleichternden jubel im ganzen Stadion aus. Sowohl die Gegengerade als auch der A-Block und die restliche Haupttribüne waren heute wesentlich motivierter als noch gegen Dortmund das Team zu unterstützen. So waren Wechselgesänge und die bekannten Gassenhauer oftmals sehr laut und eindrucksvoll. Zwischenzeitlich machte auch jeder sein eigenen Ding, aber das ist eben das Bölle und gehört auch dazu. Hauptsache das Spiel wird nicht schweigend konsumiert, sondern emotional begleitet.Egal ob bei einer gelungenen Grätsche klatschen und bei einem Einwurf dem Gegner das Ohr wund pfeifen. Nur so können wir die gute und einzigartige Atmosphäre hier beibhehalten.

Kurz nach der Pause präsentierte man noch ein spontanes Solidaritäts-Transparent für die „Reitschule“ in Bern. Dieses zentrale autonome Kultur- und Begegnungszentrum, in dem auch viele Heiner schon schöne Stunden verbringen durften, ist seit Jahren von starker polizeilicher Repression bedroht. Auch zuletzt wurde die Reitschule in den Medien als “ höchstproblematisch“ darsgestellt und daraufhin mit einer schwer gerüsteten Polizei-Einheit grundlos Ausschreitungen auf dem Vorplatz provoziert. Wir sehen besorgt in die Zukunft dieser erhaltenswerten Einrichtung und wünschen den BetreiberInnen und AktivistInnen der Reitschule viel Kraft! Ein großer Dank gilt auch unseren beiden Stammgästen aus Bern, die uns auch bei diesem wichtigen Spiel mal wieder besucht haben. Auch wenns nur kurz war: Merci Jungs!

In der 2. Halbzeit mussten die Lilienfans dann aber leider erneut beobachten, dass das starke Spiel unserer Mannschaft nur jeweils 45 Minuten lang funktioniert. Sofort merkte man, dass Augsburg nun präsenter und giftiger war, während sich die Lilien in der eigenen Hälfte verschanzten. So kam der schnelle Anschlusstreffer durch einen Sonntagsschuss von Feulner nicht gerade überrsschend. Und es blieb gefährlich für den SVD, der sich nur ganz selten über Konter befreien konnte. Die Einwechslungen waren dann auch ein klares Zeichen von Ergebnis-Verwaltung, doch die Rechnung wurde ohne Schiedsrichter Bankert gemacht. Zunächst verweigerte er den Gästen noch ein eigentlich reguläres Kopfball-Tor, um seine Entscheidung dann in der 90. Minute mit einem lächerlichen Strafstoß zu revidieren. Alle Gebete halfen in diesem Moment nichts, Mathenia konnte leider keine Wundertat mehr vollbringen. Die Wut auf den Schiedsrichter war groß, genauso wie die ehrliche Einsicht ein paar Bier später, heute auch nicht mehr verdient zu haben. Am Ende zeigten Mannschaft und Fans aber was uns in Darmstadt ausmacht – Zusammenhalt. Während die Spieler einen Kreis bildeten, blieben viele Fans im Block und sangen nochmal das bekannte Fußball-Lied aus Liverpool um zu zeigen, das eins bei aller Trauer und Enttäuschung immer bleiben wird: WIR KÄMPFEN WEITER!

Die Bilder vom Spiel findet ihr bei den Usual Suspects