SV Werder Bremen – SV Darmstadt 98 2:2 (1:1)

Schon Wochen vorher war klar, dass dieses Spiel ein besonderes werden würde. Die Situation für beide Teams im Abstiegskampf war klar: Bremen mit 4 Punkten Rückstand auf unsere Lilien auf dem Relegationsplatz. Mit einem Sieg würde man sich deutlich Luft verschaffen, ein Unentschieden würde den Abstand wahren und mit einer Niederlage wäre Werder wieder im Geschäft und wir mittendrin im tiefsten Abstiegsmorast. Die Vorzeichen also eindeutig und so verwunderte es schon, dass „nur“ 1.500 Karten im Vorfeld bei uns abgesetzt wurden. Wo waren die 6.000 Lilienfans, die ihre Mannschaft eine Woche zuvor noch in der Allianz Arena sehen wollten? Da stimmt einfach das Verhältnis mal so gar nicht, sodass wir eigentlich auch gut auswärts auf die Leute verzichten können, die es vorziehen die Lilien 1-2mal die Saison (nämlich – wen wunderts? – nach München und nach Dortmund) zu begleiten und es sich ansonsten auf der Couch gemütlich machen. Dann lieber mit 1.500, die wissen um was es geht!

Ungewöhnlich früh traf man sich, um den Weg in den Norden mit Bussen und 9ern anzutreten. Der heutige Tag stand für die aktive Fanszene ganz unter dem Motto „DArgentina“. Das hieß Elemente aus der südamerikanischen Fankultur für einen Tag aufzunehmen sich eben an diesem fußballverrückten Land zu orientieren. Eine ähnliche Tour gab es bereits 2012/2013 nach Heidenheim bei einem ähnlich wichtigen Spiel um den Klassenerhalt. So wurde bereits in den frühen Morgenstunden mit Trommeln, Trompete und weiteren Instrumenten gesungen und sich auf das Spiel eingestimmt bevor man noch vor Stadionöffnung das Weserstadion erreichte. Mit Sack und Pack ging es an der Weser entlang Richtung Gästeblock, da man ja noch einiges vorzubereiten hatte. Die Atmosphäre rund um das Spiel eindeutig sehr positiv. Kein Gestresse, keine übermotivierten Bullen, sodass man die Zeit bis zur Öffnung noch gut mit weiteren Liedern, einem Bier oder einem Fischbrötchen überbrücken konnte. Der Bremer Ordnungsdienst schaffte es dann erst einem das Lächeln aus dem Gesicht zu zaubern. Die Kontrollen des offiziell angemeldeten Materials stellten sich als unglaublich kleinkariert heraus. So kamen die angemeldeten und für Argentinen eben typischen Bahnen aus Brandschutzgründen nicht mit ins Stadion und auch beim restlichen Zeug musste man immer wieder diskutieren und sich schlussendlich auf elendige Kompromisse einigen. Somit konnte die geplante Aktion leider nicht wie geplant durchgeführt werden, wodurch wir uns aber nicht die Motivation für das Spiel nehmen ließen. Vor dem Block sammelte sich die blau-weiße Fangemeinde und stimmte sich mit viel Rythmus, Hüpfen, Singen und Tanzen auf das Spiel ein. Eine krasse Energie war hier zu spüren, die man sich gern auch häufiger mal im Block wünschen würde. Währenddessen wurde der Block von einigen üblichen Verdächtigen zum Einlaufen vorbereitet.

Als die Mannschaften dann aufs Feld kamen, um sich warm zu machen, war auch für uns der Zeitpunkt gekommen den Block zu betreten. Klassisch südamerikanisch kamen wir mit blau-weißen Schirmen, Ballons, Fahnen und Schnipseln ausgestattet in den Block und machten der Mannschaft direkt klar, dass sie hier heute einen 12. Mann an ihrer Seite hat. Dazu hing das Banner „La Banda AzucenaDA“ (Bande der Lilien), welches bereits damals in Heidenheim einen guten Dienst erwiesen hatte. Heute musste es dann irgendwann wieder weichen, da die Sichtverhältnisse im Block ohnehin schon mehr als bescheiden waren. Dazu kamen wieder Teile des Bremer Ordnungsdienstes, der meinte wegen dem Stehen auf Treppen und ähnlichem Unfug eine Schlägerei anzetteln zu müssen gerade kurz bevor die Mannschaften einliefen. Der SV Werder sollte sich wirklich fragen, ob bei solchen Personen die Sicherheit tatsächlich an erster Stelle steht oder es schlichtweg nur darum geht, gegnerische Fans zu drangsalieren und wegen nichts und wieder nichts den ganzen Tag auf die Nerven zu gehen.

Endlich konnte das Spiel beginnen, bei dem die Lilien von Beginn an eine gute Figur machten und Werder unter Druck setzten. Zwar waren keine wirklich hochkarätigen Chancen dabei, allerdings hatten die „boys in blue“ in der ersten halben Stunde deutlich mehr vom Spiel. Das half allerdings wenig, da Ujah in der 33. Minute aus dem Nichts die Führung für Werder erzielte. Bittere Pille in diesem Moment, doch Sandro Wagner konnte den verdienten Ausgleich per Strafstoß kurz vor der Pause erzielen. Der Jubel war groß, sodass auch in der Halbzeit noch weiter gesungen wurde. Allgemein fiel die Koordination heute etwas schwerer, da zwar viele Trommeln am Start waren, die Megaphone allerdings ihren Geist aufgaben. Ab und an wurde es mal richtig laut im Gästeblock, aber von südamerikanischem Vorbild war (da müssen wir ehrlich sein) lange Zeit nichts zu spüren. Gerade der obere Teil des Blocks war nur selten dazu bereit die Jungs auf dem Rasen anzufeuern. Woran das in solch einem wichtigen Spiel in einer historisch wohl einzigartigen Saison liegen mag, können diese Leute wohl nur selber beurteilen. Wir stellten jedenfalls fest: Da wäre mehr drin gewesen…

Nach der Halbzeit nahm Werder das Zepter in die Hand und versuchte alles um den Befreiungsschlag perfekt zu machen. Das Spiel wurde somit hitziger und es wurde sich gegenseitig nichts geschenkt. Als Captain Sulu für längere Zeit behandelt werden musste, befürchtete man schon das Schlimmste, eh der „Capitano“ wieder auf den Platz ging und das völlig überraschende 1:2 mit dem Hinterkopf erzielte. Wahnsinniger Jubel bei allen Heinern und ein erneuter Beweis dafür was für eine Kampfsau unsere Nummer 4 ist. Die Party im Gästeblock wollte gerade so richtig los gehen, da schaffte Werder durch Pizzaro den Ausgleich in der 88. Minute. Der Ärger in dem Moment natürlich riesig, insgesamt aber wahrscheinlich das verdiente Spielergebnis und für deutlich besser als für Bremen. Mit gemischten Gefühlen ging es also zurück an der Weser während die Sonne gerade unterging und man sich für die lange Rückfahrt bereit machte. Davor wurde noch ein Foto für den inhaftierten Bremer Ultrà Valentin gemacht, der derzeitig vor Gericht steht und seit Monaten ohne ersichtlichen Grund in Untersuchungshaft befindet. Das dazugehörige Spruchband konnte leider ebenfalls nicht mit ins Stadion gebracht werden, unsere Solidarität wollten wir in diesem Moment trotzdem zum Ausdruck bringen.

Am Ende bleibt ein Spieltag an dem das Positive zwar am Ende überwiegt, einige Dinge aber einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Ordnungsdienste und späte Gegentore brauchen wir diese Saison nun wirklich nicht nochmal. Fotos vom Spiel  folgen wie immer in den nächsten Tagen bei den Usual Suspects