Bundesweiter Aktionsspieltag 50+1

Beim Auswärtsspiel in Berlin beteiligten wir uns am bundesweiten Aktionsspieltag für den Erhalt der 50+1-Regel. Nachfolgend ein Info-Text rund um den Protest und seinen Hintergrund am aktuellen Beispiel von Hannover 96:

Aktionsspieltag 50+1

Warum eigentlich 50+1?
Es gibt im Reglement von DFB und DFL verschiedene Modelle, wie die Vereine ihre Profifußballsparte unter Einhaltung der 50+1-Regel organisieren können. Vereinfacht kann man es darauf hinunterbrechen, dass zwar bis zu 100% der Kapitalanteile an ausgegliederten Profigesellschaften verkauft werden dürfen, der Stammverein aber die Stimmenmehrheit und damit die Kontrolle behalten muss. So will man verhindern, dass traditionelle mitgliedergeführte Vereine zum Spekulationsobjekt von Investoren werden. Die 50+1-Regel hat sich bewährt und schützt den deutschen Fußball seit vielen Jahren überaus effektiv. Ausnahmegenehmigungen sind nur schwer zu erlangen und gelten bisher ausschließlich für Hoffenheim, Wolfsburg und Leverkusen. Alle anderen Vereine halten die 50+1-Regel ein. Die meisten haben sogar Hürden in ihren Satzungen verankert, die eine Abkehr von dieser Regel nur möglich machen, wenn die Mehrheit der Vereinsmitglieder zustimmt.

Die Situation in Hannover
Wie wohl allgemein bekannt ist, strebt Martin Kind bei Hannover 96 seit längerem eine Ausnahme von der 50+1-Regel an. Seit man im Verein weiß, wie hierbei sein Plan ist, regt sich vereinsintern auch Widerstand dagegen. Führend sind hierbei einige kritische Aufsichtsratsmitglieder und die Mitgliederinitiative „Pro Verein 1896“ (www.proverein1896.de). Sobald DFL und DFB „grünes Licht“ für eine Ausnahmegenehmigung erteilen, wird die 50+1-Regel in Hannover fallen. Aus diesem Grund wurden durch den Rechtsanwalt Ralf Nestler, in seiner Funktion als Aufsichtsrat des e.V. Gerichtsverfahren angestrengt, die die Ausnahmegenehmigung per einstweiliger Verfügung unterbinden sollten. Leider bislang ohne Erfolg. Derzeit läuft die Beschwerde des „einstweiligen Verfügungsverfahrens“ und auch die Verhandlung in der Hauptsache, also die Einleitung eines „richtigen“ Gerichtsprozesses mit Verhandlung und Zeugenvernehmung etc. wird vorbereitet.

Was interessiert uns Hannover 96?
Die Frage ist natürlich, warum der Fall Hannover 96 auch die Anhänger der vielen anderen Fußballvereine Deutschlands oder die Fußballenthusiasten und Freunde der deutschen Fußball- und Fankultur, wie es sie auf der ganzen Welt gibt, interessieren sollte. Nun, Hannover 96 ist der erste deutsche Traditionsverein (Deutscher Meister 1938 und 1954, Pokalsieger 1992, dreimaliger Amateurmeister), der eine Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel anstrebt. Bei den bisherigen Ausnahmen ist der Fall anders gelagert. Wolfsburg und Leverkusen sind quasi untrennbar mit den Konzernen VW und Bayer verbunden. Leipzig und Hoffenheim sind Konstrukte, die nur durch den immensen finanziellen Aufwand von Einzelpersonen entstanden sind. Das jahrelange Engagement der Person Martin Kinds rund um Hannover 96 rechtfertigt nicht seinen Anspruch den Profifußball bei Hannover 96 vollständig vom Verein zu trennen und zu seinem Eigentum zu machen, zumal mehr als unklar ist, ob er hierfür überhaupt die Voraussetzungen erfüllt, die DFB und DFL selbst formuliert haben (http://proverein1896.de/dfl-papier/). Außerdem hat Kind in der Vergangenheit zahlreiche werthaltige Elemente (z.B. die Markenrechte) aus dem e.V. herausgelöst und in von ihm kontrollierte Gesellschaften überführt. Es ist also auch völlig unklar, was mit dem Mutterverein passiert, wenn die 50+1-Regel fällt.

Der Präzedenzfall
Als Anhänger der deutschen Fußball- und Vereinskultur liegt es in unser aller Interesse, dass die Bestrebungen Kinds keinen Erfolg haben. Der Fall Hannover 96 könnte sich zum Präzedenzfall entwickeln und auch bei anderen finanzkräftigen Privatpersonen oder Unternehmen dazu führen, ihr Engagement im deutschen Profifußball zu überdenken und vermehrt von Bedingungen abhängig zu machen, ihren Einfluss in eurem Verein auszudehnen und nach den Werten eures Vereins zu greifen. Als Fußballfans sind wir daher dazu aufgerufen alles zu unternehmen, um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken. Das heißt, dass wir in unseren Vereinen darauf hinwirken müssen, dass die 50+1-Regel in den Satzungen verankert wird und Änderungen daran mit hohen Hürden verbunden sind. Überprüft die Regelungen in eurem Verein und schafft rechtzeitig die notwendigen Mehrheiten! Außerdem müssen wir bei DFB und DFL massiv Druck ausüben, die 50+1-Regel nicht weiter aufzuweichen, sondern stattdessen in den Statuten zu verfestigen. Die Regularien müssen verschärft werden. DFB und DFL müssen sich strikt an die eigenen Regeln halten und dürfen diese nicht durch Nebenabsprachen unterlaufen. Weitere Ausnahmen wie Hoffenheim und Leipzig und einen Präzedenzfall Hannover 96 darf es nicht geben. Dies alles können wir nur gemeinsam erreichen und wird einen großen bundesweiten vereinsübergreifenden Kraftakt erfordern.

Die Rolle des Christoph Schickhardt
Der Fachanwalt für Sportrecht, der Martin Kind und Hannover 96 beim Antrag auf Ausnahmegenehmigung und allen Gerichtsverfahren vertritt, ist übrigens Christoph Schickhardt. Der Name kommt euch vielleicht bekannt vor, hat Schickhardt doch schon viele Vereine vertreten. Auch deinen? Unter anderem arbeitet Schickhardt auch für Leipzig und Hoffenheim, wo er für Dietmar Hopp die Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel durchsetzte.

Für weitere Informationen rund um aktuelle Geschehnisse in Hannover besucht die Seite www.proverein1896.de